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Das Semikolon in der deutschen Sprache – das ungeliebte Satzzeichen

Wie stehen Sie zum Satzzeichen namens Semikolon? Könnte Ihre Antwort so aussehen: „Mit dem stehe ich auf Kriegsfuß“, „Ich habe keine Ahnung, wie ich dieses Satzzeichen einsetzen sollte“, „Stirbt das denn nicht aus?“ oder „Mit dem Strichpunkt bin ich noch nie warm geworden“.

Das Semikolon wird in der deutschen Zeichensetzung vernachlässigt, unterschätzt oder missverstanden. Und in Zeiten der kurzen, informellen Nachrichten scheint es als unmodernes Satzzeichen aus der Zeit gefallen zu sein. Zumindest als Zwinkersmileys wurde es zwischenzeitlich verwendet ;-), um recht schnell wieder vom entsprechenden Emoji 😉 verdrängt zu werden.

Dabei hat es eine wichtige Bedeutung als Verbindungselement für Hauptsätze. Mit diesem Blogartikel möchte ich ein wenig Klarheit verschaffen und die Bedeutung des Semikolons in der deutschen Sprache hervorheben. Denn in Texten gibt es mehr als nur Punkte und Kommas, um einem geschriebenen Text die Lebendigkeit der gesprochenen Sprache einzuhauchen: Fragezeichen, Ausrufezeichen, Doppelpunkt, Gedankenstrich – und eben auch das Semikolon.

Wie Sie das Semikolon richtig verwenden

Im Online-Duden steht: „Das Semikolon, auch Strichpunkt genannt, nimmt zwischen Komma und Punkt eine Mittelstellung ein: Trennt ein Komma zu schwach, ein Punkt aber zu stark, kann ein Semikolon gesetzt werden. Da sich nicht eindeutig festlegen lässt, wann dies der Fall ist, liegt die Setzung eines Semikolons weitgehend im Ermessen des Schreibenden.“

Es liegt im Ermessen des Schreibenden – ist das nicht herrlich befreiend! Im Gegensatz zu den Rechtschreibregeln bei der Komma-Setzung haben wir es bei diesem Satzzeichen also eher leicht.

In meinen Schulungen sage ich über dieses unterschätzte Satzzeichen:

Das Semikolon ist mehr als ein Komma und weniger als ein Punkt.

Doch was genau bedeutet das?

Der Strichpunkt verbindet zwei gleichrangige Hauptsätze oder Wortgruppen. Oder wie es im Online-Duden steht: Dieses Satzzeichen hat eine nebenordnende Funktion. Daher kann es nie zwischen einem Haupt- und einem Nebensatz (unterordnende Funktion) stehen!

Einsatzgebiete und Beispiele

Ein Semikolon kommt zum Einsatz bei inhaltlich zusammengehörenden Hauptsätzen oder bei Aufzählungen, die Sie gliedern wollen:

Hauptsätze

Hauptsätze können mit einem Semikolon voneinander getrennt werden. Setzen Sie es dann ein, wenn ein Satz aufhören könnte; er dies aber noch nicht tut. Dabei gehören die Sätze vor und nach dem Semikolon inhaltlich zusammen. Beide Sätze können dabei ein unterschiedliches Subjekt vorweisen.

Mit dem Semikolon machen Sie beim Texten gedanklich eine Pause und halten inne. Auf den Leser wirkt dies ebenso und verlangsamt damit das Lesen Ihres Textes.
Beispiel: Die Hardware unseres Produktes stellen wir in Deutschland her; die Software beziehen wir von amerikanischen Unternehmen.

Wenn wir bei inhaltlich zusammengehörenden Hauptsätzen Konjugationen oder Adverbien benutzen, ist häufig das Komma das Satzzeichen unserer Wahl; gleichzeitg ist der Einsatz eines Semikolons an diesen Stellen möglich.
Beispiel: Unser Lieferant konnte die bestellte Ware nicht rechtzeitig liefern; deshalb stand unsere Fertigungslinie für zwei Stunden still.

Aufzählungen

Enthält ein Fließtext Aufzählungen, können Sie ebenfalls Semikola einsetzen, – vor allem wenn Sie diese Aufzählungen strukturieren bzw. in sinnvolle Einheiten (Cluster) einteilen.
Beispiel: Unsere Pressemappe besteht aus einer Unternehmensvorstellung und einem Fact Sheet; einer Produkt-Presseinformation und einem Produktfoto; einem Interview mit unserem Vorstandsvorsitzenden und ein Portraitfoto von ihm.

Beide Anwendungsgebiete sind nachzulesen im gedruckten Duden, Band 1: Die deutsche Rechtschreibung. In der aktuellen 28. Auflage aus dem Jahr 2020 finden Sie diese Regeln unter der Nummer „D 158“ auf Seite 103.

Was Sie noch über das Semikolon wissen sollten

  • Semikola oder Semikolons, – so lauten die Pluralformen dieses Satzzeichens.
  • Das Semikolon wird auch Strichpunkt genannt.
  • Nach dem Strichpunkt wird klein weitergeschrieben, – außer ihm folgt direkt ein Nomen.
  • Der Strichpunkt kann nicht als Satzendezeichen eingesetzt werden.
  • Ein Semikolon darf nie einen Nebensatz einleiten. Bei Nebensätzen ist das Komma das richtige Satzzeichen.
  • Das Semikolon wird direkt (ohne Leerzeichen) hinter einem Wort angeschlagen; danach muss ein Leerzeichen gesetzt werden.
  • Vor einem Strichpunkt darf kein anderes Satzzeichen stehen.
  • Sie finden dieses Satzzeichen auf der Tastatur über dem Komma. Das bedeutet, dass Sie die Umschalttaste und gleichzeitig die „Komma/Semikolon“-Taste drücken.
  • Wenn ein Satz viele Kommata – u. a. aufgrund von Aufzählungen – enthält, könnte sich der Einsatz von Strichpunkten anbieten.

Wie wirkt der Strichpunkt?

Für Textende und Lesende besteht der Nutzen des Strichpunkts in der gedanklichen Pause. Zudem können Sie einen Gedanken inhaltlich in einem zweiten Hauptsatz noch zu Ende führen.

Wolf Schneider, der Deutschlehrer der Nation, empfahl: Auf jeder DinA4-Seite sollte jedes unserer sieben Satzzeichen idealerweise einmal vorkommen!

Mein Tipp: Verwenden Sie den Strichpunkt nicht zu häufig, denn es könnte affektiert wirken.

Weiterlesen im Internet

Mein Fazit

Sie kennen nun die zwei Verwendungsmöglichkeiten des Satzzeichens „Semikolon“ in der deutschen Sprache.

Ich gehöre definitiv zum Team „Semikolon“. Überwiegend nutze ich es, wenn ich Aufzählungen nicht in einer Bulletpoint-Liste bringen möchte, sondern in den Fließtext einbaue. Doch auch diese kleine Zäsur durch den Strichpunkt zwischen zwei nebengeordneten Hauptsätzen hat einen besonderen Charme, der beim Lesen die mündliche Rede hörbar macht.

Das Semikolon mag das fast vergessene, unterschätzte Satzzeichen unserer Sprache sein. Seine korrekte, selektierte Anwendung kann Ihren Texten eine elegante, klare Note verleihen und dadurch interessant machen.

Gehören Sie zum „Team Semikolon“ oder zum „Team – Semikolon, nein danke“? Schreiben Sie es mir in die Kommentarfunktion.


(c) Manuela Seubert

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