Menschen setzen Wörter oder Sätze gern in Klammern. Das fällt mir bei meinen Textcoachings auf oder wenn ich im Vorfeld meiner Schreibtrainings Beispieltexte meiner Teilnehmer zugesendet bekomme.
Ich frage mich immer: Woher kommt die Vorliebe, in Gebrauchstexten etwas in Klammern zu setzen? Mich persönlich stören diese Klammerpassagen beim schnellen Erfassen des Textes enorm.
Meine Kunden hingegen denken: Das ist doch grammatikalisch erlaubt! Warum sollte ich also darauf verzichten?
Klammern in Texten sind erlaubte Satzzeichen
Grundsätzlich gilt: Wörter und Sätze in Klammern zu setzen ist grammatikalisch erlaubt! Klammern grenzen lt. Duden Zusätze, Nachträge oder auch längere Abschnitte deutlich vom übrigen Text ab. Die Texte an diesen Klammerstellen können alternativ zwischen Kommas oder Gedankenstrichen gesetzt werden. Im Duden-Link finden Sie viele Beispiele für die Verwendung von Klammern in Texten.
Beim Einsatz von Klammern in Texten gelten folgende Regeln:
- Klammern treten paarweise auf; einer öffnenden Klammer folgt der Text, der durch eine schließende Klammer beendet wird.
- Vor und nach der Klammer steht immer ein Leerzeichen. Ausnahme: Nach dem Klammertext wird ein Satz beendet – dann steht der Punkt direkt hinter der abschließenden Klammer.
- Klammerarten: rund (), eckig [], geschweift {}. Klammerarten nicht mischen, sondern nur paarweise verwenden.
Am meisten sehen wir runde Klammern, wenn wir Wörter und Sätze in Klammern setzen.
Ziel der Klammertexte: Wir wollen Wörter oder Sätze ergänzen, einschieben oder zusammenfassen. Meist sind diese Einschübe Randnotizen, weniger wichtig.
Das bedeutet: Unser Gehirn ist beim Lesen durch jahrelange Übung darauf konditioniert, dass diese Texte übersprungen werden können.
Warum ich Texte in Klammern kritisch beäuge
Zur Wiederholung: Alles, was in Klammern steht, hat keine große Bedeutung. Im schlimmsten Fall macht der Klammertext einen Satz schwammig und bläht ihn auf. Gleichzeitig ist die Klammerverwendung grammatikalisch erlaubt!
Was grammatikalisch erlaubt ist, ist jedoch nicht immer sinnvoll. Vor allem dann nicht, wenn wir diese Möglichkeiten übertrieben oft einsetzen. Oder einsetzen, weil wir unseren Text selbst nicht durchdacht haben.
Während meiner Trainings habe ich schon viele Beispiele von Klammertexten gesehen:
- in Überschriften
- mehrere Sätze in einer Klammer
- Einschübe unsinnig platziert innerhalb eines Satzes
- Klammertexte in Sätzen, die an sich schon viel zu lang sind
Häufig enthalten die Klammertexte Informationen, die den Schreibenden spontan als notwendige Nebenbemerkung in den Sinn kommen. Ist sie wirklich notwendig?
Ganz verwirrend wird es, wenn in den Klammern mehr Informationen stehen als im eigentlichen Satz – meiner Meinung nach ein eindeutiges Zeichen für unstrukturiertes, unüberlegtes Schreiben.
Versetzen wir uns in die Lage der Lesenden. Viele von uns informieren sich mittlerweile digital. Wenn wir Glück haben, sitzen wir dabei vor einem großen Bildschirm; häufig lesen wir auf dem kleinen Smartphone-Bildschirm. Leider ist das Lesen am Bildschirm für uns alle viel anstrengender ist als in Printprodukten. Die Klammernutzung erschwert dies zusätzlich.
Mein Plädoyer ist daher: Lasst uns so einfach wie möglich schreiben. Dazu gehört für mich der Verzicht auf Wörter und Sätze in Klammern!
Bei jeder Klammer, die wir setzen wollen, sollten direkt unsere inneren Alarmglocken schrillen: Warum will ich den Text in Klammern setzen? Braucht der Lesende diese Worte zum Verständnis? Oder führe ich ihn auf ein Nebengleis? Wird mein Text nicht klarer und besser verständlich, wenn ich diesen Klammertext streiche oder gar „offiziell“ ohne Klammern in meine Ausführungen integriere?
Diese Fragen stelle ich mir unabhängig von der Textform und der Textlänge: E-Mails, Newsletter, Internettexte oder Social-Media-Posts.
Wenn Ihnen eine Aussage so wichtig ist, dass Sie sie in ein Gerät tippen – dann verzichten Sie auf Klammern! Formulieren Sie einen kurzen, knackigen Hauptsatz mit einer Hauptaussage!
Ein letzter Versuch, Sie von der Nutzung der Klammern in einem Text abzuhalten. Denken Sie an Belletristik oder Zeitungsartikel: Finden Sie dort Texte in Klammern?
Wo Texte in Klammern für mich sinnvoll sind
Sie wissen jetzt: Ich bin gegen das Setzen von Wörtern oder Sätzen in Klammern. Denn meiner Meinung nach verwässern wir mit den Randnotizen in Klammern unsere Texte oder blähen diese auf. Im schlimmsten Fall strengen wir unsere Leserschaft unnötig an.
Jedoch gibt es Anlässe, bei denen ich Klammern in Fließtexten verwende und begrüße:
- Abkürzungen, die nicht allgemein bekannt sind und die Sie im weiteren Text nicht ausschreiben möchten.
- Sie schreiben einen rechtlichen Text und wollen zur Untermauerung das passende Gesetz anführen, das Sie in Klammern angeben.
- Sie schreiben eine wissenschaftliche Abhandlung mit Literaturverzeichnis. In Ihren Ausführungen fügen Sie die Argumente von Autoren ein; dann gehört die Quellenangabe in Klammern ans Ende Ihres Satzes.
- Interne Querverweise bei längeren Fachartikeln
Tipps für leichteres Leseverständnis bei Klammersetzung
Sie wollen weiterhin gern Texte in Klammern setzen, – schließlich ist es grammatikalisch erlaubt. Dafür gebe ich Ihnen ein paar Tipps für das leichtere Textverständnis Ihrer Leserschaft:
- Versuchen Sie die Klammern am Satzende zu platzieren und nicht mitten im Satz.
- Halten Sie den Text in der Klammer so kurz wie möglich.
- Beschränken Sie sich innerhalb eines Absatzes mit der Nutzung von Klammertexten.
- Setzen Sie neue Gedanken und wichtige Informationen nicht in Klammern.
- Sollte Ihr Klammertext sehr lang und ausführlich sein, besteht die Gefahr, dass dieser als „Randerwähnung“ übersprungen wird. Schadet das dem Verständnis Ihrer Argumentation? Wenn ja: Befreien Sie diese Worte und Sätze von den Klammern.
Mein Fazit
Nicht alles, was grammatikalisch erlaubt ist, ist in unserer schriftlichen Kommunikation sinnvoll. Überlegen Sie sich genau, was Sie sagen wollen. Wenn Worte für das Verständnis wichtig sind, gehören sie in einen Hauptsatz mit einer Hauptaussage – ohne Klammern.
Sie wollen eine Randbemerkung in Klammern einfügen? Lassen Sie Ihre innere Sirene ertönen und überprüfen Sie dieses Verlangen kritisch anhand der von mir gegebenen Tipps im vorangegangenen Absatz! Ihre Leserschaft wird es Ihnen danken.
Wie stehen Sie als Lesende zu den Randnotizen in Klammern? Wenn Sie selbst viel schreiben: Machen Sie Gebrauch von den Erläuterungen in Klammern? Schreiben Sie es mir in das Kommentarfeld.
Herzliche Grüße
Ihre Manuela Seubert
Kudos! Ganz Ihrer Meinung. Das ist auch mir schon seit langem unverständlich und ein Dorn im Auge, wenn Schreiber sich in ihren Sätzen ständig selbst unterbrechen, denn damit unterbrechen sie auch ständig den Leser beim Lesen. Mich. Welchen Sinn hat es, die eigenen Sätze auf diese Weise unverständlich zu machen? Besonders häufig in der Wikipedia zu beobachten, gerade dort, wo es um Verständnis geht von Dingen, die einer noch nicht kennt. Das liest sich dann, als ob einer neben einem steht und andauernd dazwischenquatscht und man daher den Satz einfach nicht an einem Stück zu Ende lesen kann. Am besten noch Klammertexte, die dann Satzklammern aufheben, sprich Verbalpartikeln Hauptteil des Verbs isolieren, so dass es hinter der Klammer völlig allein dasteht.
Wie gerade dort gelesen „Die Sengoku-Zeit ging 1573 in die Epoche der drei Reichseiniger (Azuchi-Momoyama-Zeit) über.“ Was soll sowas?! Wieso nicht „Die Sengoku-Zeit ging 1573 in die Epoche der drei Reichseiniger über (Azuchi-Momoyama-Zeit).“? Oder gleich einen weiteren Hauptsatz mit der entsprechenden Information anschließen, wenn sie denn plötzlich so wichtig war, sie in einer Klammer in die Satzklammer zu quetschen und dadurch ‚über‘ von ‚übergehen‘ zu isolieren. „Die sich 1573 anschließende Epoche wird als „Azuchi-Momoyama-Zeit“ bezeichnet.“ Fertig. Aber so wichtig war es dann wohl wieder nicht, weil es darum in dem Artikel gar nicht geht, also warum überhaupt erwähnen…? Fragen über Fragen. Sei Dank nur rhetorische. Ich weiß schon, woher diese Unsitte der Klammerei in Sätzen kommt. Sie haben es auch gesagt: das ist schlicht unüberlegtes, unstrukturiertes Schreiben.
Hallo Frau oder Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Bestätigung, dass Sie als Leserin oder Leser ebenfalls durch Klammern in Ihrem Lesefluss gestört werden.
Die Wikipedia ist ein großartiges, gemeinnütziges Projekt. Alle Autorinnen und Autoren arbeiten dort freiwillig und organisieren sich dabei selbst. Im Viele-Augen-Prinzip sind unglaublich hilfreiche Artikel für uns alle zur kostenfreien Nutzung entstanden bzw. noch im Entstehen, – wie der von Ihnen angesprochene Beitrag zur Sengoku-Zeit.
Jedem Wikipedia-Eintrag können wir in der Versionsgeschichte die vielen, zeitintensiven Iterationen entnehmen. Nicht alle Wikipedianer wurden im professionellen Schreiben ausgebildet; es sind engagierte Personen mit einem Faible für Wissensweitergabe in ihrer Freizeit. Persönlich schätze ich daher die Wikipedia und den Einsatz ihrer Freiwilligen sehr. Das lässt mich beim Lesen von Wikipedia-Beiträgen über unpassende Klammersetzungen oder unrunde Formulierungen hinwegsehen.
Herzlichen Gruß aus Limburg
Ihre Manuela Seubert