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Wann wird ein Absatz in einem Text gemacht?

Manchmal sind Aussagen von Seminarteilnehmern verblüffend und erschreckend zugleich. So erging es mir in einer meiner Klartext-Schulungen, als ich über Textabsätze sprach und einer meiner Teilnehmer diese Äußerung machte:

“Meine Absätze in einem Text gestalte ich nach Optik; sie sind immer ungefähr gleich lang.”

Himmel! Bitte NIE nachmachen!

Keine Absätze – keine Statik für Ihren Text

Absätze nach “frei Schnauze” oder nach Ästhetik lassen Ihr Textwerk nicht wie ein stolzes Bauwerk dastehen – solch ein Text stürzt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Ein Absatz erfüllt eine ganz bestimmte Mission.

Wie ist ein Absatz in einem Text definiert? Als Absätze bezeichnen wir in einem fortlaufenden Text die Abschnitte, die aus einem oder mehreren Sätzen bestehen. Diese Sätze in einem Absatz behandeln ein eigenes kleines Thema des Gesamtinhaltes und hängen daher idealerweise inhaltlich sinnvoll zusammen.

Welche Vorteile hat ein Absatz?

Wenn Sie Absätze in Ihrem Text richtig setzen, machen Sie es Ihrem Leser beim Erfassen Ihres Schriftstückes generell einfacher. Denn Sie bieten ihm mit mit gut gemachten Absätzen einige Vorteile:

  • Ein langer Fließtext ist schwer zu lesen: Wird er in Absätze aufgeteilt, ermüdet der Leser nicht.
  • Durch Absätze kann der Leser den Inhalt besser verstehen.
  • Ein Absatz legt eine Idee oder ein Argument dar.
  • Absätze leiten den Leser durch die Argumentation.
  • Der Leser kann vor einem neuen Absatz gedanklich “pausieren”.

Wie baue ich einen Absatz richtig auf?

Einen Absatz bauen Sie in Abhängigkeit von Stil und Thema des Gesamttextes auf.

Beispiele:

  • Wollen Sie den Leser von Ihrer Idee überzeugen? Dann packen Sie in den ersten Satz Ihre Hauptaussage und untermauern Ihre These in den folgenden Sätzen.
  • Alternativ können Sie in einem Absatz einen Spannungsbogen aufbauen – leicht beginnen und mit einem Paukenschlag enden.
  • Schildern Sie in einem Absatz ein Geschehen? Dann bietet sich eine chronologische Schilderung an.

Ihr Absatz endet, wenn Sie z. B. eine neue Idee präsentieren oder ein Gegenargument bringen.

In Ihrem Text können Sie einen Absatz mit einer wichtigen Argumentation länger gestalten. Absätze mit weniger großer Bedeutung schreiben Sie höchstens gleich lang, nie länger.

Welche Sätze enthält ein Absatz?

Die meisten von meinen Lesern werden Sach- oder Gebrauchstexte schreiben. Damit enthalten unsere Textabschnitte höchstwahrscheinlich neue Ideen oder Argumente zu einer bestimmten Position.

Dafür benötigen Sie:

  1. Einleitungssatz
    Bringen Sie kurz und knackig Ihr Hauptargument vor; keine Plattitüde wie z. B. “Das Internet geht nicht mehr weg”.
  2. Unterstützende/r Satz/Sätze
    In den folgenden bis zu 5 Sätzen bauen Sie logisch Ihre Beweisführung auf und unterstützen damit Ihre Behauptung im Einleitungssatz.
  3. Schlusssatz
    Darin fassen Sie Ihre Idee/Ihr Argument zusammen. Vermeiden Sie das Wiederholen des Einleitungssatzes.

Persönliche Anmerkung zu Absätzen in Webtexten

Lesen Sie viele Blogartikel? Dann gewinnen Sie vielleicht wie ich den Eindruck, dass Absätze in Webtexten nur noch aus einem Satz bestehen.

Ja, ein Absatz kann aus nur einem Satz bestehen! Einen solchen (Ab-)Satz setzten Sie als Stilmittel ein; es hebt eine Aussage hervor, lässt den Leser stutzig werden und darüber nachdenken.

Doch permanent?

Sicherlich: Bei Webtexten sollten die Absätze kürzer sein. Das Lesen am Bildschirm und vor allem an den mobilen Geräten ist anstrengend. Mit kurzen Absätzen haben es Leser leichter.

Ich jedoch werde ungeduldig, wenn ich nur noch Absätze mit einem oder maximal zwei Sätzen sehe. Wie schätzt eigentlich der Autor meine Auffassungsgabe ein? Außerdem werde ich durch ausgedehntes Scrollen z. B. am Smartphone müde.

Mich haben Sie mit einer solchen Absatzgestaltung als Leser Ihres Webtextes sehr schnell verloren.

Wie geht es Ihnen bei der Gestaltung von Textabschnitten – online und offline? Lesen Sie gern Webtexten mit Absätzen, die nur aus max. 2 Sätzen bestehen?

Grafik/Foto: © Manuela Seubert

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Hartmut

    Na, da musste ich jetzt lachen:
    “Meine Absätze in einem Text gestalte ich nach Optik; sie sind immer ungefähr gleich lang.”

    So ähnlich geht es mir mit meiner Kommaverteilung. Dort wo ich spätestens Luft holen muss, muss auch ein Komma hin. Ist doch völlig klar. Ich sage immer, man muss meine Texte rhythmisch lesen (können).

    Meine Absatzregel ist entsprechend individualistisch:
    Ein Absatz kommt, wenn ein inhaltlicher Wechsel (wie Ortswechsel) stattfindet oder der Fokus (die aktive Person wechselt) sich ändert oder im zeitlichen Fortgang des Geschehens (Zeitsprünge) eine längere Pause eintritt.

    Doch wie dem auch sei, ich bin froh ihren Text gefunden zu haben und die wohl tatsächlichen Regeln zur Neuausrichtung meines unvollkommenen Wissens nutzen zu können.

    Es sei Ihnen gedankt.
    Gruß Hartmut

    1. Manuela Seubert

      Hallo Hartmut,

      es freut mich sehr, dass ich Ihnen mit dem Blogpost helfen konnte.

      Ich musste ebenfalls schmunzeln, – bzgl. der rhythmischen Lesefähigkeit Ihrer Kommaverteilung. Je kürzer Ihre Sätze sind und je weniger Nebensätze Sie einsetzen, desto weniger Kommas müssen Sie verteilen.

      Viele Grüße, Manuela

  2. Michaela

    Spannender Artikel 😀

    Ich empfehle meinen Kunden in der Regel, Absätze im Blog nicht länger als 3 – maximal 5 Zeilen werden zu lassen. Weil längere Absätze beim Lesen im Netz als „Textwüste“ empfunden werden.

    Spannend finde ich, dass, obwohl der Text sich liest als würdest Du das Gegenteil empfehlen, Dein Blogbeitrag hier diese Regel exakt einhält.

    Und Du schreibst, dass Autoren von Blogartikeln, die nur mit zwei Sätzen pro Absatz arbeiten Dich als Leser verlieren. Dabei sind hier in diesem Beitrag auch nur zwei Absätze länger (nämlich jeweils drei Sätze).

    Ist das Zufall? Oder vielleicht doch der Tatsache geschuldet, dass für Texte im Web andere Regeln gelten?

    Herzliche Grüße
    Michaela

    1. Manuela Seubert

      Liebe Michaela,

      vielen Dank für Deinen erkenntnisreichen Kommentar.
      Erkenntnisreich, weil Du Sachverhalte ansprichst, die mir zeigen, dass mein Blogartikel missverstanden werden kann und daher an der ein oder anderen Stelle ungenau ist. Und weil ich erneut darüber nachgedacht habe.

      Ausgangspunkt war mein Kunde, der Print-Schulungsunterlagen erstellt hat. Wie viele Sätze, wie viele Wörter oder wie viele Zeilen sollten diese Absätze enthalten? Eine Aussage dazu mag ich nicht treffen. Es hängt immer von der Art der Veröffentlichung, des Ziels und der Zielgruppe ab. Z. B. Wissenschaftliche Abhandlungen haben sicherlich längere Absätze als Broschüren, die in leichter Sprache verfasst werden.

      Bei Blogartikeln spielen mehrere Aspekte hinsichtlich der Absatzlänge mEn eine Rolle:
      1. Schreibstil der bloggenden Person:
      – Schreibt sie eher lange Sätze mit vielen Worten und unter Verwendung von Nebensätzen?
      – Schreibt sie – wie ich – eher grafisch gestaltete Webtexte?
      – Schreibt sie wie ein Tagebuch, – also eher Fließtext?

      2. Design des Blogs
      – Schriftart, – größe und sonstige Designelemente beeinflussen, wie „lesbar“ die jeweilige Absatzlänge ist.

      3. Leserschaft des Blogs
      – Wie groß ist die jeweilige Bildschirmgröße/Device?
      – Welche Vergrößerung hat die Leserschaft am Bildschirm fürs Rein-/Rauszoomen eingestellt?
      – Was ist sie vom Bloggenden gewöhnt: Fließtext oder grafisches Schreiben?

      Nachdem ich nun über Deinen Kommentar zu Blogartikeln nachgedacht habe, kam ich zum Schluss:

      – Ich würde keine Empfehlung zur Zeilenanzahl abgeben. Denn: Ich weiß nicht, auf welchem Device (Smartphone oder PC) oder über welche Bildschirmgröße (13- oder 27-Zoll-Bildschirm) die Lesenden den Blogpost rezipieren und wie daher die Absätze umgebrochen/“in die Länge gezogen“ werden.

      – Meine Aussage: „Bitte keine Blogartikel mit max. zwei Sätzen“ bezieht sich auf Fließtext-Bloggende. Also Menschen, die von Zwischenüberschriften oder Aufzählungen und Gliederungselementen nichts halten. Bloggende, die sich dafür entschieden haben, werden mich nach wie vor verlieren, wenn sie sich für Ein-Satz-Absätze entscheiden und sich damit die thematischen Sinneinheiten über „Scroll-Strecken“ ziehen.
      Letztlich haben gleichzeitig Bloggende ihr Hausrecht – sie bestimmen ihre Regeln! Und ich muss es mögen oder nicht!

      – Viele meiner Blogartikel sind „grafisch“ geschrieben: Mit Augenankern und starker Gliederung (Nummerierung, Bullets) vermeide ich Fließtext – zur schnelleren Erfassung von thematischen Sinneinheiten. Würde ich diese grafischen Elemente weglassen und in Fließtext umwandeln, wären meine Absätze auch länger als nur die 2-3-Satz-Absätze dieses Blogposts.

      Danke für Deinen Denkanstoß. Ich hoffe, ich konnte Deine Fragen an mich beantworten.

      Lieben Gruß
      Manuela

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