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Füllwörter in Texten streichen oder sparsam einsetzen

Füllwörter: Sie gehören zu den Stolpersteinen der deutschen Sprache auf dem Weg zu verständlichen, leicht lesbaren Texten. Streichen Sie diese Worte oder verwenden Sie sie sparsam. Denn die vielen Worte der gesprochenen Sprache finden leider häufig ungefilterten Eingang in unsere Schriftsprache.

Warum gebe ich Ihnen Tipps zu Füllwörtern?
Eine VW-Anzeige zum Tag der deutschen Einheit hat mich auf die Idee gebracht. Darin kam ein Füllwort zu ungewöhnlichen Ehren, – dazu später mehr.

Was sind Füllwörter?

Das Wort Der Online-Duden bezeichnet Füllwörter als Wörter mit geringem Aussagewert!

Füllwörter werden auch Bläh- oder Flickwörter genannt.

In Form von Konjunktionen und Adverbien können wir mit ihnen Gegensätze (z. B. aber, dagegen, jedoch) oder Folgen (z. B. daher, denn, weil) ausdrücken. Diese Füllwörter zu meiden, erschwert das Verständnis eines Textes.
Merke: In diesen Funktionen bleiben die Füllwörter im Text!

Füllwörter ohne Funktion löschen Sie.

Was bewirken Füllwörter in einem Text?

Füllwörter blähen einen Text auf, verwässern Ihre Aussagen und Argumente, irritieren den Leser, lassen ihn abschweifen oder den Text als nicht lesbar einschätzen.

Er wendet sich anderen Quellen zu, wenn Ihr Text weitere Unebenheiten aufweist.

Beispiele für Füllwörter

auch, allzu, bereits, denkbar, eigentlich, etwas, fortwährend, genau, häufig, in diesem Zusammenhang, manchmal, nun, offenbar, plötzlich, relativ, schon, sicher, trotzdem, unbedingt, vielleicht, voll, wieder, ziemlich …

Eine Auflistung der Blähwörter finden Sie in vielen Büchern des bekannten Sprachlehrers Wolf Schneider.
(Aktualisierung: 5.10.2020):
Digital finden Sie eine umfangreiche Füllwort-Liste bei … (Blog existiert nicht mehr). Eine digitale Füllwort-Liste finden sie u. a. beim Schreiblabor (s. nächster Abschnitt).

In manche Texte schleichen sich übrigens natürlich auch immer wieder gern jede Menge Flick- oder Blähwörter ein, sogar hintereinander.
Füllwort-Häufungen wie im vorangegangenen Satz sind keine Seltenheit, leider grammatikalisch erlaubt, im Sinne des Lesers ein Unding und daher von mir gestrichen.

Digitale Werkzeuge zur Vermeidung von Füllwörtern

Bei der Wortliga können Sie Ihre Texte u. a. auf Füllwörter überprüfen lassen.

Beide Tools zeigen Ihnen auf, wo Sie Flickwörter verwendet haben. Zudem erhalten Sie redaktionelle Hinweise auf zu lange Sätze, Nominalstil etc.

Gelungenes Fallbeispiel: Wenn ein Füllwort zum “Würzwort” wird

Das Wort

Manipulierte Testsoftware hat beim Automobilhersteller VW zu einem großen Vertrauensverlust geführt. Es wird Jahre dauern, die Reputation aufzubauen und sich wieder als verlässlicher Partner zu positionieren.
Kurz nach Bekanntwerden von “Dieselgate” und anlässlich des 25. Jahrestages der deutschen Wiedervereinigung veröffentlichte der Konzern folgenden Text: VW-Anzeige, u. a. hier bei Facebook (Link nicht mehr existent) hier bei Welt-online.

Fünfmal beginnt ein Absatz mit dem Wort “eigentlich”; ein sechstes Mal wird es in einen Satz eingebaut. Eigentlich – zu viel!

VW nutzt dieses Füllwort als “Würzwort” (so gelesen bei Wolf Schneider): Es wurde wohlüberlegt eingesetzt und verdeutlicht eine Stimmung, die viele in Anbetracht des Skandals gut verstehen können. Eigentlich weist lt. Duden auf eine ursprüngliche, jedoch aufgegebene Absicht hin.
Die Anzeige schließt damit ab, dass VW das verlorene Vertrauen zurückgewinnen möchte – ohne “eigentlich” ;-).

Ich fand diese Anzeige durch die Nutzung des “Eigentlich” ausgesprochen gelungen, während einige Agenturen sie verrissen. Sie sei zu unkonkret und weise keine konkreten Maßnahmen auf; “nur” Vertrauen wiedergewinnen sei zu schwach.

Dieser Meinung schließe ich mich nicht an. Zum damaligen Zeitpunkt und Kenntnisstand durfte VW unkonkret sein. So kurz nach Aufdeckung der Manipulationen bereits mit spezifischen Maßnahmen zu werben, hätte auf mich aktionistisch und arrogant gewirkt. Schließlich waren das Ausmaß und die notwendigen Schritte nicht absehbar. Wären schnelle, technische Lösungen für die Abgaswerte in der Schublade gelegen, hätte sich VW vermutlich die manipulierte Software geschenkt.

Derzeit vermisse ich beim VW-Konzern eine Bitte um Entschuldigung für diese Täuschung. Ich bin gespannt, ob bei einem solchen Schritt ein anderes Füllwort seine Wirkung entfaltet.

Mein Texttipp

Schreiben Sie mutig die Erstfassung Ihres Textes, währenddessen Sie sich keinen Stress mit den Füllwörtern machen. Beim Überarbeiten setzen Sie u. a. bewusst den Rotstift bei diesen Wörtern mit geringem Aussagewert an (Tipp 6 beim Korrekturlesen). Sie werden feststellen: Häufig lassen sich Flickwörter streichen, ohne dass die Verständlichkeit Ihres Textes leidet.

Bin ich bereits gegen den Einsatz von Füllwörtern immun? Bei Weitem nicht. Nein! Doch bei der Überarbeitung meiner Texte finde ich fast alle und entscheide mich bewusst für deren Verbleib, – auch für mein Lieblingsfüllwort “auch” ;-).

Frage: Achten Sie auf Füllwörter in Ihren Texten? Welche Füllwörter streichen Sie regelmäßig aus Ihren Texten? Ich freue mich auf Ihre Antwort im Kommentarfeld.

Herzlichen Gruß, Ihre Manuela Seubert

PS. (Aktualisierung Januar 2021:)  Im Zuge meines Website-/Blog-Relaunches habe ich mich vom Kommentar-System Disqus getrennt. Die ursprünglichen Kommentare unter diesem Blogpost hätte ich nur mit erheblichen Aufwand übernehmen können; dagegen habe ich mich entschieden. Jedoch habe ich sie alle gelesen.
Dort wird auf einen Blogartikel von Heiko Stein hingewiesen, der sich mit dem Füllwort „Leider“ im Akquiseprozess beschäftigt – Prädikat lesenswert. Aktualisierung Juni 2023: „Leider“ gibt es den Blog nicht mehr.

PPS. Wenn Sie sich individuelle Tipps für Ihren Schreibstil wünschen, stehe ich Ihnen gern für ein Schreibtraining zur Verfügung. Rufen Sie mich an: 06431/262232.

Fotos: © Manuela Seubert

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